Freitag, 20. Mai 2005
100-Betten-Hotel am Kaseinwerk geplant
Eventveranstalter Dirk Boll will „Beverland“
für Gruppenreisen etablieren / Check- In am
Bahnhof
Von Thomas Fromme, Ostbevern. Bei herbstlichen zehn Grad sitzt der Mann
im T-Shirt auf seiner Terrasse in Schlichtenfelde. In dem
27-Jährigen scheint so viel Energie zu stecken, dass er auch im
Winter wohl niemals friert. Als Eventveranstalter hat der
gebürtige Westbeverner schon viel bewegt. Die Organisation von
Gruppenreisen ist sein Metier. Mal sind es – wie in dieser Woche – die
Computer-Experten eines weltweit tätigen schwedischen
Möbelhauses, die sich in Ostbevern treffen, mal die
europäischen Führungskräfte eines anderen Konzerns, mal
Clubs – von Sportvereinen über Kegelclubs bis zu
Frauengemeinschaften. Mal übernachten sie- wie jetzt die
IKEA-Leute – in Hotels in Ostbevern, mal in der weiteren Umgebung. Auf
Wunsch stellen Boll und seine Mitarbeiter ein Rahmenprogramm
auf die Beine und sorgen für die nötigen Transfers. Das
Unternehmen organisiert auch seit etwa zwei Jahren für die
Stadttouristik Telgte Gruppenreisen.
Ein neues großes Projekt ist in Ostbevern geplant. Die
Pläne: In der alten Schalterhalle am Bahnhof Brock, die Boll
angemietet hat, werden die Gästegruppen beim Check-In mit einem
Begrüßungsgetränk empfangen. Einen Kiosk am Bahnhof
will er zu den Rush-Hour Zeiten auch andere Reisende öffnen. Am
Kaseinwerk soll zum Beispiel ein Kommunikationstraining der besonderen
Art stattfinden: Mit mittelalterlichen Spielen auf einer großen
Ritterburg aus Holz. Andere Angebote sind eher zeitgenössisch und
landestypisch: Bosseln, Radtouren, Riesentandem- und Planwagenfahrten
können ebenso gebucht werden wie der Münsterländer
Fünfkampf mit Disziplienen wie Runkelnkegeln und Stiefelweitwurf.
Abends kann zwischen Landsknecht-Essen, feudalem Picknick und anderen
Möglichkeiten gewählt werden. Langfristig soll am Kaseinwerk
ein Hotel entstehen.
„Beverland“ nennt Boll dieses
touristische Produkt. Er ist jetzt von Münster nach
Ostbevern-Brock gezogen. In der Nähe des Bahnhofes und des
Kaseinwerkes hat er den früheren Hof Hölscher gekauft. Dort
richtet er zurzeit nicht nur sein Büro ein. Auch die genannten
gastronomischen Angebote sollen nach dem Umbau ab 2006 an dieser Stelle
über die Brücke gehen.
Bereits im zurückliegenden Jahr habe sein Unternehmen für
5000 Übernachtungen in Ostbevern, Telgte und angrenzenden Orten
gesorgt, so Boll. „Wir machen Angebote, die öffentliche
Tourismusorganisationen nicht machen können“ erklärt Boll.
Den Erfolg hat sich der gelernte Reiseverkehrskaufmann, der
zunächst bei einem Skipperservice in Münster tätig war,
behutsam erarbeitet.
„Die Verkehrsanbindung ist mit dem Bahnhof, der Autobahn und dem
Flughafen grandios, die Zusammenarbeit mit der Gemeinde hervorragend
und die räumlichen Möglichkeiten sind gut“, erläutert
er, warum er sich für das Konzept „Beverland“ und den
Standort Ostbevern entschied. „Das Problem sind jetzt die fehlenden
Hotelbetten. Für größere Gruppen ist in der Hauptsaison
am Wochenende nichts zu machen“, so Boll. So plane er den Bau
eines 100-Betten-Urlauberhotels ausschließlich für seine
vorangemeldeten Gruppen auf dem Gelände des Kaseinwerkes.
„Allerdings werde ich kein wirtschaftliches Risiko eingehen“, so Boll.
Selbst werde er das Großprojekt in den nächsten Jahren nicht
schultern können. „Mit einem Investorenpool könnte es aber
schneller gehen.“ Er hoffe, dass die planungsrechtlichen
Voraussetzungen für sein Projekt geschaffen werden könnten.
Die Altlasten am Kaseinwerk halte er für „überschaubar“.
„Wir unterstützen die Bemühungen. Der Tourismus in
Deutschland hat Zukunft. Gerade das Münsterland bietet viele
Potentiale“, sagte Bürgermeister Jürgen Hoffstädt
über die Pläne. „Mit Dirk Boll haben wir jemanden,
der professionell über die nahe Bahn Gäste nach Ostbevern
holt“, sagte Hoffstädt. Die Zusammenarbeit mit heimischen
Gastronomen, Busunternehmer, Tandem-, Fahrrad- und Kutschenverleihern
bringe der Wirtschaft in der Region Nutzen, so der Bürgermeister.
Ostbevern sei touristisch nicht schelcht augfgestellt, der Ausbau des
Bahnhofes habe sich als richtig erwiesen, betonte der
Bürgermeister.
Zu den Plänen fürs Kaseinwerkes sagte Hoffstädt, dass
über den Verkauf des gemeindeeigenen Teils noch verhandelt werde.
Ein Teil der alten Gemäuer müsse erhalten werden, verwies er
auf den Denkmalschutz.
Boll habe den Kontakt zu den Nachbarn gesucht,
berichtete der Bürgermeister. „Die stehen hinter der Sache“, sagte
der Eventveranstaler. Ein zweites „Dorf Münsterland“ wie
in Legden werde es in Ostbevern nicht geben, so Boll.
Scheunenbälle und Angebote für Jugendliche mache er
schließlich nicht. Seine Angebote richten sich an über
30-Jährige. „Lärm entsteht dabei nicht. Wenn die Gäste
abends Musik hören, dann wollen sie sich nicht von Bässen
volldröhnen lassen, sondern eher Andrea Berg hören und
Foxtrott tanzen oder sich bei leiser Musik unterhalten“,
erläuterte er.
Quelle: Westfälische Nachrichten (Telgte)
<< zurück zur
Presseübersicht